Sei’s drum, Familie Peachum lebt gut davon, und schließlich ist es ein ehrliches Geschäft. Die Peachums sind rechtschaffene Leute, weshalb es ein Skandal ist, daß ihre Tochter Polly sich
heimlich dem Gangsterkönig Macheath, genannt Mackie Messer, zur Frau gibt. Ab jetzt ist Krieg in Londons Halb- und Unterwelt. Macheath sieht sich verkauft und verraten, und selbst im Knast
lassen ihm die Frauen keine Ruhe. Er flieht, wird wieder von den Huren denunziert und hat schon den Hals in der Schlinge, da sieht er sich begnadigt und in den Adelsstand erhoben. Der Staat
schützt das Verbrechen, die kleinen Leute sind arm dran.
Inspiriert durch John Gay’s BEGGARS OPERA aus dem London des 18. Jahrhunderts schrieb Bertolt Brecht 1928 die DREIGROSCHENOPER zur Wiedereröffnung des Berliner Theaters am Schiffbauerdamm.
Kurt Weil schrieb dazu einen kongenialen Mix aus Moritat, Jazz, Tango und Blues. Die Uraufführung gilt als einer der größten Erfolge der Theatergeschichte.
Mackie Messer ist nicht nur der König der Londoner Unterwelt, sondern auch der dominierende Charakter in der Göttinger Premiere der DREIGROSCHENOPER (...). Im ausverkauften
Deutschen Theater verkörperte Jan Pröhl stimmgewaltig, facettenreich und mit der nötigen Portion Arroganz den gerissenen Tunichtgut (...).
Neben einer zunächst naiven, aber zunehmend selbstbewussteren Polly Peachum (gespielt von Katharina Heyer) glänzten in den Nebenrollen vor allem Johannes Granzer als kauziger
Strippenzieher Peachum und Andrea Strube als schrille, beinahe diabolische Mrs Peachum. Aaron Bircher, ein talentierter Göttinger Gesamtschüler, beeindruckte nicht nur als Sänger
der berühmten „Moritat von Mackie Messer“, sondern sorgte als pfiffiges Mitglied von Mackies Ganovenclique regelmäßig für Lacher. (...)
Die bekannten Songs von Kurt Weill wurden vom Göttinger Ensemble nicht nur gesungen, sondern vielmehr schauspielerisch interpretiert: Vor allem Katharina Heyers „Seeräuberjenny“
wurde so zu einem kleinen Stück im Stück, was vom Publikum mit spontanem Szenenapplaus belohnt wurde. (...)
Die innovative, gut zu Brechts Vorlage passende Ausstattung von Eleonore Bircher (Bühnenbild) und Ilka Kops (Kostüme) nahm die Zuschauer mit auf einen Jahrmakt im London des 19. Jahrhunderts und schuf gleichzeitig Bezüge zur Gegenwart. So erinnerte das Heer der Bettler in alten Anzugshosen und seidenen Unterhemdchen eher an entlassene Topmanager denn an die viktorianische Unterschicht. (...) Nach der Inszenierung von Elfriede Jelineks DIE KONTRAKTE DES KAUFMANNS bietet das Deutsche Theater mit der DREIGROSCHENOPER in dieser Spielzeit erneut ein Stück auf, das ungleiche Besitzverhältnisse thematisiert und sich auf die aktuelle Wirtschaftskrise beziehen lässt.
Eleonore Bircher ließ sich für ihr Bühnenbild von den Parallelen zwischen der Londoner Ganovenwelt Brechts und dem Rummelplatz, den Brecht gerne aufgesucht haben soll,
inspirieren. Sie entwarf ein Karussell, auf dem und um das sich die Handlung entwickelt. Ein schön verspielter Einfall (...).
Zurmühle setzt auf starke Bilder. Er arbeitet viel mit dramatischem Licht und beeindruckenden Schattenspielen. (…) Das DT-Ensemble verfügt über stimmstarke Akteure. Wie
beispielsweise Jan Pröhl. Sein Mackie Messer ist ein skrupelloser, aber enorm charismatischer Lump mit Ehre. Grandios spielt Johannes Granzer (…) Messers Gegenspieler Peachum.
Katharina Heyer glänzt als Peachums Tochter Polly zwischen Naivität und Berechnung. (…)
Ein Glanzlicht setzt Hans Kaul, musikalischer Leiter im DT, mit seinem für die Produktion zusammengestellten neunköpfigen Orchester, das live spielt. Kaul hat alle Lieder neu
arrangiert.