TERROR  

von Ferdinand von Schirach


Bühne/Kostüme Luisa Lange
Dramaturgie/Video Maxi Ratzkowski

Vorsitzende Ute Menzel
Lars Koch, Angeklagter Leonard Lange
Biegler, Verteidiger Daniel Koch
Nelson, Staatsanwältin Anja Schreiber
Christian Lauterbach Michael Schramm
Franziska Meier Nadine Aßmann


Anja Schreiber brilliert als Staatsanwältin Nelson in der Inszenierung des Stückes "Terror" am Theater Plauen-Zwickau - Szene mit Daniel Koch als Verteidiger Biegler (im Hintergrund links) und Leonard Lange als Angeklagter Lars Koch. 

"Terror" in Plauen: Wenn Theaterbesucher über Schuld entscheiden

Die Zuschauer werden in Ferdinand von Schirachs Erfolgsstück "Terror" zu Schöffen - nun auch im Theater Plauen-Zwickau. Die Ereignisse des Premierentages gaben der Inszenierung zusätzliche Brisanz.

Von Uta Trinks
erschienen am 09.10.2016

Plauen. Beängstigend. Aktueller hätte es am Sonnabend nicht sein können. In einem Einkaufstempel in der Plauener Innenstadt flimmerten über einen Bildschirm die Bilder des Tages vom Anti-Terror-Einsatz in Chemnitz. Und ging man nur über die Straße ins Vogtlandtheater, konnte man die Premiere des Stückes "Terror" erleben. Ferdinand von Schirachs Justizdrama, das vor einem Jahr seine Uraufführung erlebte, hat einen unglaublichen Siegeszug über die Theaterbühnen angetreten - allein in Sachsen ist es neben Plauen und ab 13. Januar 2017 in Zwickau auch bereits in Dresden und Bautzen zu sehen.

Verhandelt wird in dem Stück die Frage, ob man 164 Menschen opfern darf, um 70.000 Menschen zu retten. Lars Koch, Major der Luftwaffe, hat dies getan. Der Bundeswehrkampfpilot hat - im Widerspruch zu dem an ihn ergangenen Befehl - ein Passagierflugzeug abgeschossen, das von einem islamistischen Terroristen entführt worden war, um es auf ein voll besetztes Fußballstadion stürzen zu lassen. Jetzt steht der 31-jährige Offizier und Familienvater vor Gericht. Und die Zuschauer sollen als Schöffen am Ende des Abends über schuldig oder nicht schuldig befinden.

Zuvor erfährt das Publikum in der Verhandlung, dass das Luftsicherheitsgesetz von 2005 in einem solchen Fall den Abschuss eines Passagierflugzeugs erlaubt hätte, der entsprechende Paragraf nach einer Verfassungsbeschwerde 2006 vom Bundesverfassungsgericht aber wieder gekippt wurde. Der damals amtierende Verteidigungsminister Franz Josef Jung hatte das Urteil kritisiert und gesagt, er würde in einem solchen Fall dennoch den Befehl zum Abschuss geben. Dabei berief er sich auf das Recht des "übergesetzlichen Notstands". Im Stück wird dies vom Verteidiger geäußert.

Eine komplizierte rechtliche Materie kommt hier auf die Bühne. Das Licht im Saal geht während der Vorstellung nie ganz aus, so verstärkt sich der Eindruck, dass das Publikum fester Bestandteil der Inszenierung ist. Es dominiert die nüchterne, sachliche Atmosphäre eines Gerichtstermins (Ausstattung Luisa Lange), und auch Gilbert Mieroph erspart sich jeglichen Regie-Schnickschnack. Dramaturgisch eher simpel, gleicht die pure Gerichtsverhandlung der gegenwärtig im Fernsehen beliebten Form der Dokufiction. Trotzdem herrscht atemlose Stille im Saal. Die Spannung entsteht im Kopf der Zuschauer - und ist deutlich zu spüren. Es ist ein Gedankenspiel, was da im Theater stattfindet, mehr nicht, aber eins immerhin, aus dem man sich nicht eben mal so ausklinken kann, denn der Terror findet ja längst nicht mehr irgendwo weit weg statt.

Darf man Leben gegen Leben aufrechnen? Wie steht es mit Wahrheit und Gerechtigkeit, Recht und Moral? Das Publikum zeigte sich gespalten: Am Premierenabend lautete das Urteil "unschuldig", mit einem Abstimmungsergebnis von 161 zu 127. Was in den nächsten Vorstellungen freilich ganz anders ausfallen kann. Bestsellerautor und Strafverteidiger Ferdinand von Schirach hat entsprechend zwei Schlusspassagen geschrieben.

Den großartigen Schauspielern gelingt es, dass der Abend nicht zum Rechtsseminar vertrocknet. Anja Schreiber brilliert als engagierte und blitzgescheite Staatsanwältin Nelson. Daniel Koch zeigt seinen Verteidiger Biegler anfangs zwar ziemlich selbstgefällig, bleibt in der Sache aber trotzdem überzeugend. Die beiden halten starke Plädoyers, in denen sie schlüssige Argumentationen vorbringen und so die Entscheidung der Zuschauer-Schöffen zur echten Gewissensherausforderung machen. Souverän und geschäftig leitet Ute Menzel als Vorsitzende die Verhandlung, während Leonard Lange ein eher in sich ruhender Angeklagter ist, der wieder so handeln würde.

Das Premierenpublikum zeigte sich überaus begeistert von der Inszenierung und dankte dem Ensemble mit stürmischem Beifall.


Vorstellungen Plauen ¬ Vogtlandtheater
08.10.2016 ¬ 19:30 Uhr Premiere [» Online-Karten]
14.10.2016 ¬ 19:30 Uhr [» Online-Karten]
16.10.2016 ¬ 18:00 Uhr [» Online-Karten]
18.10.2016 ¬ 19:30 Uhr [» Online-Karten]
24.10.2016 ¬ 18:00 Uhr [» Online-Karten]
19.11.2016 ¬ 19:30 Uhr [» Online-Karten] 
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service-plauen@theater-plauen-zwickau.de

 

Vorstellungen Zwickau ¬ Malsaal
13.01.2017 ¬ 19:30 Uhr Premiere [» Online-Karten]
22.01.2017 ¬ 15:00 Uhr [» Online-Karten]
03.02.2017 ¬ 19:30 Uhr [» Online-Karten]
04.02.2017 ¬ 19:30 Uhr [» Online-Karten]
05.03.2017 ¬ 18:00 Uhr [» Online-Karten]
21.03.2017 ¬ 19:30 Uhr [» Online-Karten]
01.04.2017 ¬ 19:30 Uhr [» Online-Karten]
25.04.2017 ¬ 18:00 Uhr [» Online-Karten]
05.06.2017 ¬ 18:00 Uhr [» Online-Karten] 
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